Dr. Nicole C. Eckert

Dr. Nicole C. Eckert

Signifikant erhöhte Serum-Glykokalyx-Bestandteile bei postmenopausalen Frauen ohne Hormonsubstitution: Risikofaktor für Gefäßerkrankungen?

Hintergrund: Postmenopausale Frauen ohne Hormonsubstitution haben ein deutlich höheres Risiko für Gefäßerkrankungen als ovulatorische Frauen. Dieser Aspekt scheint durch die Effekte von Estradiol auf das Lipoproteinprofilnur teilweise erklärbar. Die endothelialeGlykokalyx (EGX) ist ein wichtiger Bestandteil der Gefäßbarriere. Sie ist verantwortlich für Zelladhäsionsprozesse, Thrombozytenaggregation und Volumenverschiebungen(1,2). Eine funktionsfähige EGX ist Voraussetzung für Gefäßgesundheit. Gefäßerkrankungen wie Arteriosklerose und Thrombosen werden heute mit Verletzungen der EGX in Zusammenhang gesehen (1). Syndekan-1 ist ein wesentlicher Bestandteil der endothelialenGlykokalyx, der nahe an der endothelialen Basis lokalisiert ist. Heparansulfat und Hyaluronsäure sind dagegen weiter peripher innerhalb der verzweigten EGX lokalisiert. In dieser Pilotstudie hatten wir das Ziel, den Effekt des Menstruationszyklus auf Glykokalyx-Parameter zu untersuchen. Dafür untersuchten wir postmenopausale Frauen (n=6), Probandinnen mit normalen ovulatorischen Zyklen (n = 16) sowie eine männliche Kontrollgruppe (n = 10) .
Methoden: Serum-Konzentrationen von Syndecan-1, HeparansulfateandHyaluronanwurden jeweils zu drei Messzeitpunkten bestimmt. Bei postmenopausalen Frauen (mindestens ein Jahr ohne Medikation mit Sexualsteroiden) und bei den Männern zu festgelegten Terminen innerhalb eines Monats, bei den Frauen mit ovulatorischen Zyklen an Tag 3 der Follikelphase, am Tag des LH-peaks sowie mitt-luteal. Der LH-peak wurde mit einem Luteotropin-Selbsttest festgelegt. Zu jedem Abnahmezeitpunkt wurde zusätzlich Progesteron, Estradiolund LH gemessen.
Ergebnisse: Die postmenopausalen Frauen hatten durchgehend signifikant(p<0.05) höhere Werte für Heparansulfat(860+46ng/ml)als die Frauen mit ovulatorischen Zyklen(676+47 ng/ml früh-follikulär, 636+45ng/ml ovulatorisch, 751+60ng/mluteal) und als die männliche Kontrollgruppe (635+ 36ng/ml). Ebenso waren die Hyaluronan Serum-Konzentrationen mit 272+19ng/mlsignifikant (p< 0.05) höher als bei Männern (161+11ng/ml)und Frauen mit ovulatorischen Zyklen(147+52 ng/ml früh follikulär, 153+48ng/ml ovulatorisch,147+28ng/mlluteal). Für das relativ zentral innerhalb der EGX lokalisierte Syndekan-1 ließ sich diese Tendenz nicht beobachten.
Schlussfolgerung: Postemenopausale Frauen zeigen konsistent deutlich erhöhte Konzentrationen der endothelialenGlykokalixbestandteileHeparansulfat und Hyaluronan und dies könnte in Zusammenhang mit dem erhöhten Risiko dieser Frauen für Arteriosklerose und venöse Thrombosen stehen. Der differenzierte Konzentrationsverlauf von EGX-Bestandteilen und deren relativ niedrigen periovulatorische Werte lassen vermuten, dass Sexualsteroide und vor allem Estradiol protektive Effekte für die Gefäßbarriere haben. Unsere Daten weisen auf einen bisher ungeahnten Zusammenhang von Sexualsteroiden mit der Dynamik der endothelialen Gefäßbarriere hin.
1 Rehm M, Bruegger D, Christ F, et al. Shedding of the endothelial glycocalyx in patients undergoing major vascular surgery with global and regional ischemia. Circulation 2007;116:1896-906.
2 Chappell D, Jacob M, Becker BF, Hofmann-Kiefer K, Conzen P, Rehm M. [Expedition glycocalyx. A newly discovered „Great Barrier Reef“]. Der Anaesthesist 2008;57:959- 69.