Leila Kolios

Leila Kolios

Die Wirkung von Östrogen und Alendronat auf die Metaphysäre Frakturheilung des Osteoporotischen Knochens

Einleitung

Die antiresorptiv/osteoklastenhemmend wirkenden Bisphosphonate werden weitreichend zur Therapie und Prophylaxe der Osteoporose eingesetzt. Sie führen zu einer erhöhten BMD (bone mineral density) und reduzieren das Frakturrisiko der primären und sekundären Osteoporose. Die Studie analysierte, ob die Frakturheilung des osteoporotischen Knochens unter beginnender Osteoporoseprophylaxe mit diesen beiden Substanzen im Vergleich zum osteoporotischen Knochen und auch zum gesunden Knochen verbessert wird.

Material und Methoden

36 Ratten im Alter von 12 Wochen wurden ovarektomiert; 12 weitere Ratten wurden „sham“-operiert. Nach Einteilung in 4 Gruppen und unter regelmäßigen Gewichtskontrollen erhielten sie im Folgenden eine sojafreie- (osteoporotische Kontrollgruppe C und SHAM), und zur Imitierung einer Osteoporoseprophylaxe eine Östrogen-(E), bzw. Alendronat- (ALN) supplementierte Diät. Nach 10 Wochen erfolgte die standardisierte metaphysäre Tibiaosteotomie mit T-Plattenosteosynthese. Während des Heilungsprozesses über 35 Tage wurde die intravitale polychrome Floureszenzmarkierung appliziert. Postmortal wurde das Kallusgewebe qualitativ biomechanisch, sowie quantitativ anhand von Mikroradiographien und histologischen Schnittpräparaten untersucht.

Ergebnisse

Das Körpergewicht (KG) der osteoporotischen Kontrollgruppe C sowie der ALN-Gruppe erhöhte sich signifikant in den ersten zehn Wochen nach Ovariektomie im Vergleich zur SHAM- und Östrogengruppe, in welcher aufgrund des sofortigen Hormonersatzes keine Änderungen auftraten (KG Osteotomie für C: 343.3±23.89 g, ALN: 341.4±11.98 g, SHAM: 276.5±19.2 g, E: 255.5±20.46 g). Im zweiten Versuchsteil konnten keine signifikanten Gewichtsänderungen in den Gruppen beobachtet werden, die Differenz zwischen den Gruppen ohne und mit (physiologischem) Östrogen blieb annähernd gleich. Die Gabe von Östrogen verbesserte die biomechanischen Eigenschaften des Kallusgewebes im Vergleich zu ALN (Elastizität/Stiffness SHAM: 110.2±76.07 N/mm, C: 41.28±33.7 N/mm, E: 85.72±47.24 N/mm, ALN: 72.07 N/mm). Der Yield load war sogar höher als in der SHAM-Gruppe. (Yield load [N] SHAM: 27.44±9.72, C: 21.04±12.47, E: 42.85±13.74, ALN: 25.28±6.4) Nach ALN-Gabe resultierte hingegen ein brüchiger, rigider Kallus. Es kam signifikant früher zu Mikrofrakturierungen.
In den zentralen drei Schnitten wurden der Frakturkallus, die kortikalen, sowie die trabekulären Strukturen mikroradiographisch untersucht. Nach Östrogengabe war die Kallusdichte ventromedial und endosteal (Cl.Dn.v/e) signifikant erhöht (Abb.3). Auch der trabekuläre Knochen war im Verglich zu C und ALN signifikant verbessert und überragte sogar die Werte der SHAM-Gruppe (N.Nd [abs] E: 4.36±6.87, ALN: 1.19±3.23, SHAM: 2.1±3.69, Trab. Dichte [%] E: 24.13±34.09, ALN: 3.99±8.3, SHAM: 10.53±18.9). In der ALN Gruppe war zudem die Menge und Dichte des kortikalen- und Kallusgewebes im Vergleich zu E signifikant vermindert (Cl.Dn.d [%] E: 69.91±18.85, ALN: 55.95±23.61, Ct.Wi.d [mm] E: 0.3±0.08, ALN: 0.29±0.06). ALN zeigte lediglich in der ventromedialen Kallusdichte Verbesserungen und lag bei allen übrigen Messungen auf oder unter dem Niveau der osteoporotischen Kontrollgruppe. In der ersten Phase der Frakturheilung (CG-markiert) zeigte sich eine signifikant erhöhte Kallusapposition ventromedial in der E-Gruppe im Vergleich zu C und ALN, welche SHAM überragte. Die frühe endosteale Kallus-Bildung war signifikant in der ALN-Gruppe erhöht; ventromedial und dorsal hatte ALN keinen Effekt. In der zweiten, AK-markierten Phase wurde in allen Gruppen weniger Kallus gebildet. Cl.Ar.v und Cl.Ar.e wurden durch E und ALN verbessert, zeigten aber keine signifikanten Unterschiede. In der dritten, TC-markierten Phase der Frakturheilung wurde insgesamt mehr Kallus als in der AK-Phase gebildet, die Werte der CG-Phase konnten aber nicht erreicht werden (Abb.4). Zusammenfassend erreichte E gleiche, und teilweise sogar erhöhte Werte im Vergleich zur SHAM-Gruppe. Die positive Wirkung war in allen drei Heilungsphasen und besonders im ventromedialen und endostealen Kallus zu sehen. ALN erhöhte die Knochenneubildung nur teilweise, im ventromedialen und endostealen Bereich und in der zweiten Phase.

Diskussion

Zusammenfassend induzierte Östrogen einen sehr resistenten und elastischen Kallus, welcher mit der gesunden SHAM-Gruppe vergleichbar ist. Auch wenn die kortikale Struktur nicht verändert war, zeigten sich überragende biomechanische Eigenschaften, welche auch auf die verbesserte trabekuläre Struktur zurückzuführen sind. Die Frakturheilung läuft auch zeitlich nahezu physiologisch ab; die endosteale Heilung (typisch für metaphysäre Frakturheilung) dominiert. Aufgrund dieser Ergebnisse sollte ein kurzfristiger Behandlungseinsatzes von Östrogen in der akuten Frakturheilung diskutiert werden.
Unter Alendronatprophylaxe waren die biomechanischen Eigenschaften des Kallus signifikant reduziert. Der Kallus war rigide und brüchig, so dass es signifikant früher als bei E zu Mikrofrakturierungen kam. Dies kann durch die verminderte Dichte des Kallus und insbesondere des trabekulären Gewebes erklärt werden. Zudem war die Fraktuheilung gegenüber E und SHAM signifikant verzögert: nach verspäteter Induktion in der ersten Phase der Frakturheilung (bis Tag 18) wurde keine stabile Situation erreicht, so dass in der zweiten Phase vergleichsweise mehr Kallusbildung nötig war. Obwohl ALN als Osteoklasteninhibitor ein Remodeling verzögern sollte, konnte dieses am Kallusgewebe bis zum 35. Tag nicht beobachtet werden. Ein Grund könnte die Suppression des „bone turnover“ mit gestörtem Kollagen- und Mineral-Verhältnis oder die Beeinflussung der Osteoblastenapoptose sein.

Darstellung der Kallusdichte

Darstellung der Kallusdichte im ventralen und endostealen Frakturbereich, Mikroradiographische Auswertung

Exemplarische korrespondierende mikroradiographische und fluoreszenzmarkierte Schnitte der einzelnen Gruppen

Exemplarische korrespondierende mikroradiographische und fluoreszenzmarkierte Schnitte der einzelnen Gruppen